Nicht verzagen, die zweite Hälfte wird besser! Für Tarantino-Fans ist der Kinobesuch natürlich ein MUSS. Allerdings kann eine kleine Vorwarnung nicht schaden: Geht nicht zu spät ins Kino und sucht euch einen Saal mit bequemen Sitzen!
Immerhin sind 169 Minuten eine recht lange Zeit (obwohl nicht ungewöhnlich für einen Tarantino). Wenn sie wenigstens von Anfang an schnell vergehen würden, wäre das noch leicht erträglich. Allerdings zieht sich The Hateful 8 erst einmal ganz schön in die Länge. Die erste Hälfte passiert eigentlich – NICHTS. Es wird nur geredet und die Basis für die späteren Kapitel gelegt.
Gut, so eine Kutschfahrt durch den Schneesturm braucht auch ihre Zeit. Als Zuschauer soll man die Fahrt wohl in Echtzeit genießen können. Dafür entschädigt die zweite Hälfte für den etwas zähen Einstieg. Da spritzt das Blut, Gehirne und ganze Köpfe werden weggepustet, und Skurrilitäten und eigensinnige Dialoge bekommen endlich Tarantino-like ihren Auftritt.
Dabei reduziert sich das Szenenbild auf zwei Orte: Die Kutsche und Minnies Kurzwarenladen. Kammerspielartig entfaltet sich die Handlung durch die Dialoge der acht Protagonisten. Dabei tritt Samuel L. Jackson als undurchsichtiger Major Marquis Warren wie ein schießfreudiger Hercules Poirot auf und entwickelt einen feinen Spürsinn.
Kurt Russel führt als Kopfgeldjäger John Ruth gemeinsam mit seinem Kutscher O.B., gespielt von James Parks, die Gefangene Daisy Domergue (grässlich gut: Jennifer Jason Leigh) zum Galgen. Dazu gesellt sich noch der angebliche Sheriff Chris Mannix alias Walton Goggins. An ihrem Zwischenstopp treffen die Reisenden noch auf die weiteren Galgenfreunde Tim Roth als Oswaldo Mobray, Michael Madsen als Cowboy Joe Gage, Demian Bichir als Bob der Mexikaner und Bruce Dern als Kriegsveteran General Smithers.
Diese illustre Gesellschaft an Rauhbeinen zeigt große Freude am Western-Dasein und beweist ihrem Regisseur Quentin Tarantino, dass jeder einzelne zurecht für die Rolle auserwählt wurde. Deshalb macht das Zusehen auch über die gewissen Längen hinweg Spaß, obwohl man den Dialogen vielleicht nicht mehr mit voller Aufmerksamkeit folgen kann.
Dass man gedanklich nicht allzu sehr abdriftet, verhindert der wieder einmal hervorragend eingesetzte Soundtrack: Sensationell verstörend ist die Musik von Ennio Morricone. Der Altmeister weiß einfach, wie man einen Western am besten vertont. Auch der gesamte Look hat viel für sich. Vor allem in Minnies Kurzwarenladen gibt es viele liebevolle Details zu entdecken, wenn man gerade ein bisschen Zeit zum geistigen Abschweifen hat.
Am Ende ist The Hateful 8 einfach ein echter Tarantino, solide und mit allem ausgestatten, was man von dem Film erwartet. Nur leider hat er seine Längen nicht geschickt verteilt, sondern geballt am Anfang platziert.